Hilfe! Mein Pferd ist zu dick
Ein Bericht über EMS - das Equine Metabolische Syndrom
Von Amelie Kokorsky
Die Erkrankung EMS oder auch Equines Metabolisches Syndrom ist in der Wissenschaft und Medizin noch gar nicht so lange bekannt. Durch die steigende Anzahl an Erkrankungen beziehungsweise dieses Syndroms ist es dennoch unter den „Pferdeleuten“ eine gängige Diagnose. In fast jedem Stall gibt es ein oder mehrere Pferde, die mit der Diagnose EMS leben. In diesem Bericht wollen wir über dieses Syndrom sprechen und die möglichen Ursachen, Symptome und Behandlungsmethoden näher beleuchten.
Was ist das Equine Metabolische Syndrom und wie kann es entstehen?
Unter EMS versteht man die Entgleisung des Stoffwechsels. Der Stoffwechsel der erkrankten Pferde arbeitet also anders als der Stoffwechsel von gesunden Pferden. Tatsächlich ist der Mensch und die vom Menschen eingeführte Haltung und Fütterung des Steppentiers Pferd die eigentliche Ursache des Equinen Metabolischen Syndroms. Die Ursache für die Entstehung von EMS lässt sich daher eigentlich auch recht einfach erklären: Früher hat man nur sehr selten ein dickes Pferd gesehen. Generell sah man die Pferde meistens auf dem Feld am Pflug oder unter dem Reiter auf Reisen. Im Stall oder auf der Weide standen sie nur wenige Stunden oder zur Nachtruhe. Zu fressen gab es auch recht wenig, denn die Bauern mussten für das Heu hart arbeiten oder es teuer zukaufen. Am Futter wurde also gespart. Zusatzfutter wie Müsli, Rübenschnitzel, Mash oder Leckerli gab es auch nur in sehr seltenen Fällen, wenn beispielsweise bei der Ernte von Zuckerrüben etwas über blieb oder der Apfel am Baum eine braune Stelle hatte. Die Pferde mussten, ähnlich wie Wildpferde, viel für ihr Futter arbeiten und große Strecken zurücklegen oder lange Arbeitstage hinter sich bringen.
Heutzutage sieht der Alltag unserer Pferde anders aus. Meistens gibt es Heu oder Heulage rund um die Uhr. Dazu kommt morgens und abends die große Portion Müsli und/oder Mash. Wenn dann der Reiter den Stall betritt, gibt es erstmal Äpfel, Möhrchen und/oder Leckerli. Das Maß der täglichen Bewegung fällt dabei meistens eher gering aus. Viele Reiter unterschätzen das Ausdauervermögen und die sportliche Leistungsfähigkeit ihrer Vierbeiner. Oftmals sind die Pferde eher unter- als überfordert, sowohl psychisch als auch physisch. Aus dem Zusammenspiel von dem Überangebot an Futter und mangelnder Bewegung kann EMS entstehen. Man nennt EMS daher auch gerne „die Wohlstandskrankheit“ der Pferde. Unseren Pferden geht es bei unserer liebevollen Haltung manchmal etwas „zu gut“. Der Körper bekommt über das Futter zu viel zu schnell verfügbare Nährstoffe und baut Fettdepotspeicher auf.
Hauptursache für die Entstehung von EMS ist also die Haltung bzw. die mangelnde Bewegung und die nicht angepasste Fütterung der Pferde.
Wie erkenne ich EMS?
Das Leitsymptom für EMS ist Fettleibigkeit!
Tipp: Holt euch fachlichen Rat. Es ist oft schwer, über den individuellen Körperbau eines Pferdes eine allgemeine Aussage über eine mögliche Fettleibigkeit zu sprechen. Manche Pferde sind deutlich breiter und muskulöser als andere Pferde und wirken daher sehr schnell fett. Andere Pferde wiederum sind anatomisch sehr schmal gebaut, sind aber viel zu dick gefüttert, weil sie in vielen Augen ansonsten zu dünn aussehen. Für die Bestimmung einer gesunden Körperform ist es daher besser, sich eine zweite Meinung von einem Tierarzt und/oder Tierheilpraktiker einzuholen.
Das Gemeine an der Fettleibigkeit ist die „Unsichtbarkeit“ bei manchen Tieren. Viele Pferde bekommen Fetteinlagerungen am Halskamm und über dem Schweifansatz. Auch an der Schlauchtasche oder am Euter können sich Fettansammlungen bilden. Diese Merkmale kann man noch recht einfach mit dem bloßen Auge erkennen. Bildet sich das Fett jedoch innerhalb des Pferdes, also um die Organe herum, wird das Erkennen der Symptome schon deutlich schwieriger. Übermäßig viele Fettzellen können das Gleichgewicht des Stoffwechsels stören.
Durch die übermäßige Fetteinlagerung werden die Pferde zunehmend träger und faul. Sie wollen sich weniger bewegen; es kommt zu einem Leistungsmangel. Der Leistungsabfall wird meist als Erstes von den Besitzern und/oder Pflegern wahrgenommen. Zudem fällt auf, dass die Tiere scheinbar nicht mehr satt werden und die ganze Zeit fressen könnten.
Weitere Begleitsymptome bei EMS können Insulinresistenz (Diabetes), Hufrehe und/oder Atemwegserkrankungen sein. Hierbei handelt es sich jedoch schon um eigenständige Krankheiten, die vom EMS begünstigt werden und oft in Kombination miteinander auftreten.
Bei dem Verdacht auf EMS sollte man im besten Fall schnellstmöglich Rücksprache mit einem Tierarzt und/oder Tierheilpraktiker halten, um Folgeschäden bestmöglich zu verhindern.
Was passiert im Körper meines Pferdes, wenn es an EMS erkrankt ist?
Der Ursprung dieser Erkrankung liegt im Hormonsystem. Das Hormonsystem ist, egal, ob bei Mensch oder Pferd, recht kompliziert aufgebaut. Man kann es vergleichen mit einem Spinnennetz und der dazugehörigen Spinne. Die Spinne überwacht und steuert alles, was in dem Netz passiert. Sie entscheidet, wer das Netz betritt und wie das Netz täglich aufs Neue auf- und abgebaut werden soll. Die Spinne ist im Hormonsystem der Hypothalamus, der einzelne Hormone steuert und damit viele (Stoffwechsel-)Prozesse im Körper reguliert. Im Körper passiert nichts, ohne dass der Hypothalamus es „mitbekommt“. Kaum etwas geschieht am Spinnennetz (im Körper) ohne, dass die Spinne (der Hypothalamus) es mitkriegt. Die fast durchsichtbaren Fäden des Spinnensystems sind mit den vielen hundert Hormonen und Enzymen in unserem Körper gleichzusetzen. Alle sind miteinander verbunden und damit auch stark voneinander abhängig. Fehlt eine Faser in dem Netz und es entsteht daraus ein Loch, so hat dies Auswirkungen auf die Stabilität des gesamten Netzes. Auch der Stoffwechsel läuft so ab. Wird von einem Hormon zu viel oder zu wenig produziert, kommt es zu Fehlfunktionen an vielen Stellen im gesamten Stoffwechsel.
Bei der EMS Erkrankung spielt das Hormon Insulin eine besonders wichtige Rolle. Aus diesem Grund wird EMS auch gerne „Pferde Diabetes“ genannt. Nach einer zuckerreichen Mahlzeit schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Das ist auch gut so, denn Insulin lässt den Blutzuckerspiegel wieder sinken. Der Zucker aus der Nahrung soll ja nicht in dem Blut unserer Pferde schwimmen, sondern an den Zellen ankommen, wo er als Energielieferant gebraucht wird. Der Zucker aus dem Blut soll also in die Muskeln weitertransportiert werden. Insulin öffnet quasi die Türen an der Muskelzelle und lässt den Zucker in die Muskelzelle eintreten. Dort brauchen die Pferde den Zucker als Energielieferant, unter anderem für die tägliche Bewegung. Auch die Leber kann die Türen für Zucker öffnen und dient als Speicher für den Zucker. Mit Ausschüttung von Insulin wird der Zucker also verteilt und der Blutzuckerspiegel sinkt wieder. Füttern wir dem Pferd allerdings zu viele schnell verfügbare Kohlenhydrate, kommt ständig erneut Zucker in das Blut, sodass der Blutzuckerspiegel stark ansteigt. Als Folge wird erneut Insulin ausgeschüttet und der Zucker in der Zelle verteilt. Passiert dieser Vorgang jedoch zu oft, sind die Muskel- und auch die Leberzellen „voll“ mit Zucker und können keinen weiteren Zucker aus dem Blut mehr aufnehmen. Das Problem: Der Blutzuckerspiegel bleibt oben und die Muskel- und Leberzellen reagieren nicht mehr auf den „Türöffner“ Insulin. Es entsteht eine Insulinresistenz, was zu Diabetes beim Pferd (EMS) führen kann. Die ständige Überversorgung von Zucker (Energie) führt dann zur Fetteinlagerung. Das nächste Problem entsteht.
Fettzellen können viel Chaos und damit auch viel Schaden im Stoffwechsel anrichten. Fettzellen verhalten sich wie Wassertropfen, die ständig auf unser Spinnennetz fallen. Das ganze System wird in Bewegung gesetzt und die Spinne ist immer wieder in Alarmbereitschaft. Durch diese Bewegung kommen Stoffwechselprozesse zum Laufen, die eigentlich gar nicht erwünscht sind bzw. der Gesundheit schaden können. Die Fettzellen können Botenstoffe ausschütten, die Entzündungsprozesse im Körper starten lassen. Durch die Entzündungsprozesse wird das Immunsystem ständig gefordert und auf Dauer kann das Immunsystem geschwächt werden. Fettzellen haben auch eine Wirkung auf die Nebennierenrinde. Die Fettzellen können die Nebennierenrinde anregen, Cortisol auszuschütten. Cortisol ist der Gegenspieler zum Insulin und wird eigentlich dann gebraucht, wenn der Blutzuckerspiegel niedrig ist, da Cortisol den Blutzuckerspiegel steigen lässt. Eine Ausschüttung von Cortisol macht in diesem Moment also eigentlich überhaupt keinen Sinn und kann damit als „Fehler im System“ angesehen werden. Der Teufelskreis ist nun aber richtig in Gang. Das ganze Spinnennetz ist wegen der vielen Wassertropfen, die auf das Netz fallen, in Bewegung. Die Spinne kommt dadurch nicht mehr zur Ruhe und das Netz wird schleichend immer instabiler und kann kaputt gehen. Überträgt man dieses Beispiel auf den Stoffwechsel der Pferde wird vielleicht deutlich, warum EMS nicht als harmlos angesehen werden sollte. Der Stoffwechsel der Pferde, die an EMS leiden, ist stark verändert, was viele Folge-Erkrankungen wie beispielsweise Hufrehe mit sich bringen kann.
Wie kann ich mein Pferd bei EMS unterstützen?
Der entscheidende Punkt beim Auftreten von EMS ist das optimale Management von Fütterung und Bewegung. Pferde, die unter EMS leiden, sollten unter strenger Futterkontrolle stehen und regelmäßig, soweit es gesundheitlich möglich ist, in allen drei Grundgangarten bewegt werden. Dabei ist es wichtig, dass man die Futterumstellung langsam beginnt und nicht von dem einen auf den anderen Tag das Futter radikal umstellt oder gar reduziert. Eine reine Futterumstellung auf Stroh kann sehr gefährlich werden und ist definitiv nicht zielführend!
Zu Beginn sollten alle schnell verfügbaren Kohlenhydrate bestmöglich reduziert werden. Dies bedeutet, dass man dem Pferd so wenig Möhre, Äpfel, Leckerli oder Müsli wie möglich füttert.
Dann stellt man langsam das Grundfutter, sprich das Heu, um. Hier gibt es mehrere Methoden, die teilweise auch gut kombiniert werden können. Zum einen kann das Heu in Heunetze gestopft werden, sodass das Pferd länger mit der Futteraufnahme beschäftigt ist und deutlich langsamer frisst. Zudem kann das Heu vorher gewässert werden. Das Untermischen von etwas Stroh stellt ebenfalls eine gute Methode dar, um schnell verfügbare Kohlenhydrate zu reduzieren und dem Pferd dennoch ausreichend Futter zur Verfügung zu stellen.
Hungern oder das Provozieren von langen Fresspausen sollte in jedem Fall vermieden werden!
Der Weidegang auf satten Graswiesen sollte nicht mehr stattfinden und stattdessen auf abgefressene Weiden zurückgegriffen werden.
Hat ein Pferd einmal unter EMS gelitten, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Leben lang anfällig für Stoffwechselerkrankungen, hinsichtlich der „Verfettung“ oder Adipositas, bleiben. Eine Kontrolle des optimalen Futtermanagements sollte daher in regelmäßigen Abständen erfolgen.
Die Umstellung des Futters kann ein paar Risiken aufweisen, denen man aber mit Geschick entgegenwirken kann.
Durch das Bewässern des Heus kann es passieren, dass wichtige Mineralien aus dem Heu „gewaschen“ werden. Um dennoch eine optimale Versorgung mit Mineralien sicher stellen zu können, sollte man das Pferd mit einem passenden Mineralfutter versorgen. Hier bietet sich zum Beispiel das Stiefel Organic-Mineral als getreidefreies Mineralfutter an, um den Mineralstoffhaushalt des Pferdes auszugleichen.
Durch das Untermischen von Stroh und das kontrolliert langsame Reduzieren schnell verfügbarer Kohlenhydrate kann es dazu kommen, dass auch wichtige Eiweiße im Futterplan des Pferdes gestrichen werden. Damit der Vierbeiner dennoch mit genügend Eiweißen versorgt wird, kann man dem Pferd täglich Stiefel Amino Plus füttern. Stiefel Amino Plus kann durch die enthaltenen essentiellen Aminosäuren den Muskelaufbau unterstützen und die Leistungsfähigkeit erhalten, obwohl das Pferd gleichzeitig an eine geringe Futterdosis gewöhnt wird.
Mit Einsetzen der Diät fallen im Körper einige „Abfallprodukte“ des Stoffwechsels an. Diese werden unter anderem über die Leber verstoffwechselt. Um die Leber während der Umstellung des Futters optimal zu unterstützen, kann die tägliche Gabe von ausgewählten Kräutern eine sinnvolle Ergänzung im Speiseplan darstellen. Die Stiefel Leberkräuter beinhalten eine Kombination aus Kräutern, die Bitter- und Gerbstoffe enthalten, welche die Leberfunktion unterstützen können. Wie oben bereits erklärt kann die Leber wegen der ständigen Überlastung mit Zucker und der am Ende möglichen Insulinresistenz sehr unter EMS leiden. Um die Rezeptoren für Insulin an der Leber wieder ins Gleichgewicht zu bringen, kann die Gabe von Stiefel Leberkräutern sehr sinnvoll sein, denn diese enthalten unter anderem Mariendistel- und Schwarzkümmelsamen, welche bei der Regeneration der Leberzellen helfen können. Die Regulierung des Blutzuckerspiegels kann mit einer funktionierenden Leber verbessert werden.
Die oben erwähnten „Abfallprodukte“, die bei der Futterumstellung und dem Fettabbau anfallen, passieren nicht nur die Leber, sondern am Ende auch die Niere. Eine optimale Nierenfunktion ist daher ebenfalls wichtig. Stiefel Nierenkräuter können auf natürlichem Wege zur Unterstützung der Nierenfunktion beitragen und die Ausscheidung der „Abfallprodukte“ fördern.
Durch den hohen Fettgewebeanteil kann es, durch Ausschüttung von „falschen“ Botenstoffen, zu Entzündungsreaktionen im Pferdeorganismus kommen. Diese Entzündungen können das Immunsystem des Pferdes zusätzlich belasten. Sollte das Immunsystem schwächeln, können Stiefel Immunkräuter, Stiefel Hagebutten und Stiefel Echinacea die Abwehrkräfte des Pferdes stärken und bei der Bekämpfung der Entzündungsprozesse positiv unterstützen.
In Hinblick auf das Training eignet sich vor allem das Intervalltraining, um den Fettstoffwechsel anzuregen. Die meisten Pferde müssen an diese Art des Trainings jedoch langsam gewöhnt werden. Am Ende sollte man kurze intensive Phasen in der Trab- und Galopparbeit schaffen, welche sich durch Schrittphasen abwechseln. Die Intensität und die Dauer der anstrengenden Trainingsabschnitte kann man im Laufe der Zeit steigern. Dabei sollten die Schrittphasen jedoch nie ganz reduziert werden, da genau diese Phasen im Intervalltraining wichtig für den Fettabbau sind.
Fazit
EMS tritt heutzutage immer häufiger auf. Es handelt sich in den meisten Fällen allerdings um eine Krankheit, bei der der Mensch der Auslöser ist. Daher liegt es oft auch im Ermessen des Menschen durch die Umstellung der genannten Faktoren dem erkrankten Pferd bestmöglich zu helfen.
Es gibt viele Wege und Möglichkeiten gegen EMS anzukämpfen. Man muss dieses Syndrom definitiv nicht einfach so hinnehmen und denken, dass es aussichtslos sei. Überdenkt das Futter und stellt das Training um! Damit sind die Grundsteine in eine bessere Zukunft schon gelegt. Also ab in den Stall - ab heute ändert sich was.
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